03. Juni 2025
EcoAustria
Budgethearing 2025 - Statement von EcoAustria Direktorin Monika Köppl-Turyna für NEOS
Wien, am 03. Juni 2025: Das Doppelbudget sieht Einsparungen von 6,4 bzw. 8,7 Mrd. Euro vor. Trotz dieser Maßnahmen bleibt das Budgetdefizit mit 4,5 und 4,2 Prozent des BIP hoch. Ohne Konsolidierung läge es sogar bei 5,8 Prozent. Die leichte Verbesserung des Maastricht-Saldos im nächsten Jahr ist allerdings nicht dem Bund, sondern der Sozialversicherung sowie den Ländern und Gemeinden zu verdanken.
Haupttreiber für die Defizitentwicklung bleiben die öffentlichen Pensionen. Allein die Überweisungen an die Pensionsversicherung steigen um insgesamt beinahe 3 Mrd. Euro in den beiden Jahren. Für Bundesbeamt:innen in Ruhe beträgt der Zuwachs in den zwei Jahren 1,2 Mrd. Euro.
Die Schuldenquote steigt auf knapp 85 Prozent in diesem Jahr und über 86 Prozent im nächsten – weit entfernt vom Maastricht-Ziel von 60 Prozent. Dementsprechend nimmt auch die Zinslast des Bundes weiterhin stark zu: über 1 Mrd. Euro zusätzlich heuer, 560 Mio. Euro im kommenden Jahr. Dies zeigt die Folgen mangelnder Finanzdisziplin in der Vergangenheit. Im Vergleich: Deutschland hat seit 2012 seine Schuldenquote von einem ähnlich hohen Niveau deutlich gesenkt, was die Zinslast entsprechend reduziert hat.
Die Gehaltsabschlüsse für die Bundesbediensteten führen zu einem Anstieg der Personalausgaben um knapp 5 Prozent. Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation und der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand wäre ein Nachverhandeln der Lohn- und Gehaltsabschlüsse für das nächste Jahr zu begrüßen.
Die Konsolidierungsmaßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung. Förderkürzungen sind sinnvoll, sollten jedoch auf klaren Zielen basieren und deren Fortführung kontinuierlich bzw. Abschaffung evaluiert werden. Positiv ist, dass der Bildungsbereich weitgehend verschont bleibt, ebenso der Chancenbonus für sozial herausfordernde Schulen.
Einige Maßnahmen, wie höhere Dividendenausschüttungen staatsnaher Unternehmen oder die Bankenabgabe, haben nur einen kurzfristigen Effekt. Auch die Erhöhung des Zugangsalters zur Korridorpension bringt langfristig kaum Entlastung – spätere Pensionsantritte führen zu höheren Pensionsansprüchen.
Die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass Österreich vorrangig bei den Ausgaben zugelegt hat. So hat der Anteil der öffentlichen Ausgaben am BIP im Jahr 2024 auf über 56 Prozent zugelegt. Damit ist der Wert beinahe so hoch wie im Pandemie-Jahr 2020 mit 57,3 Prozent und um mehr als 7 Prozentpunkte höher als noch im Jahr 2019. Dies ist ein dramatischer Anstieg, der nach dem Strategiebericht bis zum Jahr 2029 kaum reduziert wird. Aber auch für die Abgabenquote wird von einem stabil hohen Niveau von über 45 Prozent ausgegangen. Dies wird dazu führen, dass sich die ohnedies deutlich rückläufige Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen nicht verbessern wird. Die Einnahmenseite wird zwar vom stabilen Arbeitsmarkt gestützt, strukturelle Probleme bleiben jedoch ungelöst.
Zwei zentrale Themen finden im Budget deutlich zu wenig Beachtung: erstens die demografiebedingten Ausgaben und zweitens strukturelle Reformen – insbesondere bei den horizontalen und vertikalen Finanzierungsströmen.
Das Regierungsprogramm sieht Maßnahmen zur Dämpfung der Pensionsausgaben vor, die gemeinsam mit einem Älterenbeschäftigungspaket in den Jahren 2028 und 2031 1,45 bzw. 2,9 Mrd. Euro an Einsparungen erzielen sollen. Zum Vergleich: Ein um ein Jahr späterer Pensionsantritt würde die Auszahlungen um rund 3,5 bis 4 Mrd. Euro reduzieren. Eine Pensionserhöhung um ein Prozent kostet rund 700 Millionen Euro pro Jahr. Eine Maßnahme des Regierungsprogramms besteht darin, den Zugang zur Korridorpension zu erschweren Empirische Analysen sowie erste Erfahrungen mit der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters von Frauen zeigen, dass strengere Zugangsregelungen in der Tat einen wesentlichen Einfluss auf den Pensionsantritt und die Beschäftigung haben.
Die geplante Verschärfung bei der Korridorpension kann daher die Ausgaben kurzfristig reduzieren. Langfristig sind die Auswirkungen jedoch äußerst begrenzt: da ein späterer Antritt aufgrund der geringeren Abschläge mit einer höheren Pension verbunden ist, werden die finanziellen Effekte großteils kompensiert. Fraglich ist auch, warum strengere Zugangsbedingungen ausschließlich bei der Korridorpension und nicht auch bei Schwerarbeits- bzw. Langzeitversicherungspension, bei denen spürbar geringere Abschläge anfallen, vorgesehen sind. Die angekündigten Maßnahmen sind zwar ein Schritt in Richtung Konsolidierung, lösen aber weder die aktuellen budgetären Probleme noch die grundlegende Herausforderung der langfristigen Tragfähigkeit. Für eine nachhaltige Sicherung des Pensionssystems wäre ein höheres gesetzliches Antrittsalter deutlich wirkungsvoller. Eine Möglichkeit besteht etwa darin, dieses an die steigende Lebenserwartung zu koppeln – ein derartiger Ansatz wurde in mehreren OECD-Ländern wie etwa Dänemark oder Finnland bereits vor längerer Zeit eingeführt.
Ein zweiter zentraler Hebel ist die Effizienzsteigerung in der Verwaltung, Bildung und Gesundheit. Die öffentliche Verwaltung ist in Österreich besonders teuer: 2024 lagen die Ausgaben (ohne Forschung und Zinsendienst) bei 17,9 Mrd. Euro – fast 4 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach einer Benchmarking-Analyse mit Daten für 2021, liegt das Effizienzpotenzial bei 2 bis 3 Mrd. Euro.
Im Bildungsbereich betrugen die laufenden Ausgaben 2021 rund 13,6 Mrd. Euro – mit sehr Kosten je Schüler:in. Im internationalen Vergleich liegt Österreich bei den Ausgaben weit vorne, die PISA-Ergebnisse hingegen zeigen großen Nachholbedarf. Das Effizienzpotenzial liegt hier bei bis zu 4 Mrd. Euro. Besonders auffällig ist der Leistungsabfall bei Kindern aus bildungsfernem Umfeld – daher ist der Chancenbonus wichtig, muss aber durch Einsparungen in anderen Bereichen – wie auch Schließungen von Kleinstschulen – begleitet werden. Diese bedarfsorientierte Finanzierung wäre nur dann erfolgreich, wenn sie von weiteren Reformen begleitet wird, zu denen vor allem eine Schulverwaltungs- bzw. Schulgovernancereform und die Einführung einer gemeinsamen Schule mit innerer Leistungsdifferenzierung und Individualisierung zählen. Der Chancenbonus darf nicht nur nach „Input“ umgesetzt werden.
Für das Gesundheitswesen wird in Österreich, trotz im EU-Vergleich günstigerer Bevölkerungsstruktur, zwar viel ausgegeben, die Ergebnisse sind aber im Mittelfeld angesiedelt. Das Effizienzpotenzial beträgt bis zu 5 Mrd. Euro. Länder wenn man die Niederlande oder Frankreich als Maßstab heranzieht. So zeigt sich, dass niedrigere Ausgaben mit einer besseren Versorgung einhergehen kann. Österreichs starke Krankenhauszentrierung ist ineffizient – der Betrieb vieler kleiner Spitäler ist oft politisch motiviert und keine medizinische Notwendigkeit. Systemisch gesehen bleiben die großen Effizienzhemmnisse bestehen, insbesondere die Mischfinanzierung, die Fragmentierung, die Parallelstrukturen, Mehrfachdiagnosen und ungenutzte Potenziale der Digitalisierung.
Schließlich braucht es eine Föderalismusreform. In Österreich gibt es auf regionaler Ebene Ausgabenautonomie ohne Einnahmenverantwortung. Auch die Zuweisung der Aufgaben auf die einzelnen Ebenen zeigt Verbesserungsbedarf. Diese Mischkompetenzen führen zu Intransparenz, ineffizienten Strukturen und gegensätzlichen Zielen auf den einzelnen Ebenen. Dieser Bereich ist dringend reformbedürftig. Der wesentliche Hebel ist auch ein aufgabenorientierter Finanzausgleich, der die regional ungleich verteilten Lasten der demographiebedingten Ausgaben besser abbildet und eine wesentliche Stärkung der eigenen Abgaben.
Fazit: Einzelmaßnahmen genügen nicht. Es braucht strukturelle Reformen – bei Pensionen, Verwaltung, Bildung, Gesundheit und im Föderalismus –, das ist politisch herausfordernd und geht nicht von heute auf morgen. Für den Standort Österreich ist es aber unumgänglich, da sich die Welt ganz erheblich verändert hat.
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Tobias Leschka, Reiter PR
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