02. Juni 2025

EcoAustria

Wiederaufbau in der Ukraine: Laut EcoAustria können heimische Betriebe einen wesentlichen Beitrag leisten

Wien, am 2. Juni 2025 - Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 ist die Wirtschaftsleistung der Ukraine stark eingebrochen. Bis Ende 2024 sank das reale BIP laut internationalen Schätzungen auf etwa 77 Prozent des Vorkriegsniveaus. Zusätzlich wurden große Teile der Infrastruktur, Industrieanlagen und Wohngebäude zerstört. Der aktuelle Wiederaufbaubedarf wird auf rund 524 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Vor diesem Hintergrund hat das Wirtschaftsforschungsintitut EcoAustria in einer aktuellen Policy Note untersucht, wie sich Österreich mit seiner wirtschaftlichen Expertise wirksam am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen kann. Im Fokus stehen dabei jene Bereiche, in denen heimische Unternehmen über besondere Stärken verfügen und damit einen substanziellen Beitrag zum Wiederaufbau leisten können. Zugleich beleuchtet die Analyse, welche wirtschaftlichen Perspektiven sich im Zuge eines langfristig stabilen Wiederaufbauprozesses auch für österreichische Betriebe eröffnen.

Die Ergebnisse zeigen, dass Österreich in einer Vielzahl jener Branchen, die im ukrainischen Wiederaufbau besonders gefragt sein werden, über ausgeprägte Spezialisierungsvorteile verfügt. Dazu zählen vor allem freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, die Bauwirtschaft, der Maschinen- und Anlagenbau, die Herstellung elektrischer Ausrüstungen sowie IT- und Informationsdienstleistungen. Auch die Metallerzeugung und die Papier- und Holzverarbeitung zählen zu den international wettbewerbsfähigen österreichischen Sektoren. „Diese Branchen haben nicht nur hohe Anteile an den heimischen Wertschöpfungsexporten, sondern zeichnen sich auch durch ihre besondere Relevanz für die Rekonstruktion von Infrastruktur, industrieller Basis und Verwaltungssystemen aus. Die Kombination aus technischer Exzellenz, exportorientierter Ausrichtung und Projektkompetenz macht sie zu Schlüsselakteuren für eine substanzielle Beteiligung Österreichs am Wiederaufbau der Ukraine”, betont Wolfgang Schwarzbauer, Leiter des Forschungsbereichs regionale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaft bei EcoAustria.

Die mittelfristige wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine wird entscheidend davon abhängen, ob es gelingt, zentrale Zukunftsbereiche wie grüne Energie, nachhaltige Industrieproduktion und Digitalisierung gezielt auszubauen. Für österreichische Unternehmen eröffnen sich hier etliche Kooperationschancen – etwa beim Aufbau von Infrastruktur für erneuerbare Energien, der Entwicklung einer grünen Wasserstoffwirtschaft oder der Digitalisierung staatlicher Verwaltungsprozesse.

Gleichzeitig bleibt der Wiederaufbau mit erheblichen Risiken behaftet: Unsicherheiten im geopolitischen Umfeld, Schwächen bei Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung sowie der Verlust qualifizierter Arbeitskräfte stellen große Herausforderungen dar. „Für eine nachhaltige Entwicklung bedarf es daher stabiler politischer Rahmenbedingungen, wirksamer Reformen im Justiz- und Verwaltungsbereich sowie gezielter Maßnahmen zur Requalifizierung und Rückkehr qualifizierter Arbeitskräfte. Nur mit verlässlichen Strukturen kann das wirtschaftliche Potenzial der Ukraine langfristig gehoben werden“, betont Schwarzbauer.

Damit österreichische Unternehmen ihr Potenzial im ukrainischen Wiederaufbauprozess voll ausschöpfen können, sind gezielte politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen erforderlich. EcoAustria empfiehlt unter anderem, koordinierte Anlaufstellen wie den „Point of Contact Ukraine Wiederaufbau“ so auszubauen, dass dieser im Falle einer Beendigung der Kampfhandlungen rasch und wirkungsvoll aktiviert werden kann. Bereits jetzt ist es sinnvoll, diese Schnittstelle als Plattform für Vernetzung und Informationsaustausch vorzuhalten, auch wenn eine umfassende operative Nutzung derzeit noch nicht im Vordergrund steht.

Durch die enge Zusammenarbeit zwischen der österreichischen Botschaft in Kiew, dem AußenwirtschaftsCenter der WKÖ, involvierten Ministerien sowie regionalen Akteuren kann dieser Koordinationspunkt künftig dazu beitragen, das Engagement österreichischer Unternehmen sichtbar und effizient zu bündeln. Sichtbare Initiativen – etwa Besuche hochrangiger politischer Vertreterinnen und Vertreter oder bilaterale Projekte auf Landes- und Gemeindeebene – stärken das Image Österreichs als verlässlicher Partner vor Ort. Gleichzeitig sind strukturelle Maßnahmen wie der Ausbau von Exporthaftungs- und Absicherungsinstrumenten, ein klarer Branchenfokus in Bereichen wie Maschinenbau, grüne Energie und technische Dienstleistungen sowie Beiträge zur Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und Verwaltung entscheidend, um das Investitionsumfeld in der Ukraine nachhaltig zu verbessern. „Ein strategisch abgestimmtes Vorgehen schafft Vertrauen, erleichtert unternehmerisches Engagement und erhöht langfristig die Wirksamkeit österreichischer Beiträge“, so Schwarzbauer.

Ein erfolgreicher Beitrag Österreichs zum Wiederaufbau der Ukraine erfordert somit ein Zusammenspiel aus unternehmerischer Kompetenz, politischer Unterstützung und internationaler Zusammenarbeit. Um wirtschaftliche Chancen wirksam zu nutzen und gleichzeitig einen echten Beitrag zur Stabilisierung und Modernisierung der Ukraine zu leisten, muss das Engagement auf mehreren Ebenen koordiniert und unterstützt werden.

„Der Wiederaufbau ist kein kurzfristiges Projekt, sondern ein langfristiger Prozess mit hoher geopolitischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung – auch für Österreich. Je früher wir strategisch und strukturell Weichen stellen, desto größer ist die Chance, dass heimische Unternehmen eine aktive Rolle einnehmen und gleichzeitig zur nachhaltigen Entwicklung in der Ukraine beitragen“, so Schwarzbauer abschließend.

Die Policy Note findet sich im Anhang.

Pressekontakt:
Thomas Reiter, Reiter PR
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