EcoAustria: Geplanter Energiekrisen-Mechanismus birgt erhebliche Risiken – gezielte Alternativen sinnvoller
Wien, am 24. November 2025 – Die Bundesregierung plant im Rahmen der Energiemarktreform die Einführung eines „Energiekrisen-Mechanismus“, der Haushalten künftig einen maximalen Strompreis von zehn Cent pro Kilowattstunde garantieren könnte. Gleichzeitig findet sich in der Regierungsvorlage zur Änderung des Preisgesetzes eine Möglichkeit einer bundesweiten Bestimmung der festgesetzten Preise für Endkunden HIER.
Die vorliegende Kurzanalyse des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria zeigt, dass ein allgemeiner Preisdeckel Entlastung verspricht, aber gleichzeitig zu gravierenden ökonomischen, energiewirtschaftlichen und rechtlichen Problemen führen kann.
Österreichische Strompreise: Heterogen und seit 2023 rückläufig
Die Betrachtung macht deutlich, dass die Strompreise ohne Steuern und Abgaben bereits seit Mitte 2023 sinken und 2025 unter dem Vorjahresniveau liegen. Der jüngste Anstieg der Bruttopreise ist vor allem durch das Auslaufen der Stromkostenbremse, höhere Netzentgelte und die wieder erhöhte Elektrizitätsabgabe erklärbar. Zudem variiert das Preisniveau je nach Versorger und Region, was eine klare Definition einer „Krise“ erschwert.
Preisdeckel schwächen Wettbewerb und gefährden Versorgungssicherheit
„Wenn Versorger ihre Preise nicht mehr marktbasiert gestalten können, verlieren sie die Möglichkeit, sich über günstige Tarife voneinander abzugrenzen. Dadurch werden zentrale Preissignale geschwächt, die Effizienz und Innovation im Energiemarkt vorantreiben. Für reine EVUs ohne eigene Erzeugung – insbesondere kleinere Anbieter, aber auch einige große Versorger – entsteht so ein massiver wirtschaftlicher Druck. Die Folge wäre ein Energiemarkt mit zu wenig Wettbewerb unter den Anbietern“, so Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria.
Zudem dämpft ein Preisdeckel die Energiesparanreize und verschärft durch den unveränderten Verbrauch die Knappheit. Auch strategisches Verhalten der Energieversorger – etwa vorgezogene Preiserhöhungen – tritt in solchen Situationen auf und führt paradoxerweise zu höheren Endkundenpreisen.
Rechtliche Bedenken auf EU-Ebene
Die Einführung eines Preisdeckels ist zudem europarechtlich heikel. Ohne Exportbeschränkungen ist die Wirksamkeit eines Deckels fraglich – Exportbeschränkungen wiederum verstoßen gegen die Grundfreiheiten der EU sowie die Elektrizitätsbinnenmarkt-Verordnung. Aufgrund seiner Importabhängigkeit ist Österreich besonders anfällig für potenzielle Gegenmaßnahmen der Nachbarländer, was die Versorgungssicherheit gefährdet.
Gefahr politischer Fehlanreize
Der Analyse weist außerdem auf politökonomische Risiken hin: Preisdeckel oder „Krisenmechanismen“ könnten aus politisch kalkulierten Gründen ausgeweitet oder verlängert werden – selbst dann, wenn die Marktbedingungen dies nicht rechtfertigen. Dies würde notwendige Strukturreformen verzögern und steigende Kosten verdecken.
EcoAustria empfiehlt gezielte Alternativen
Statt eines breitflächigen Preisdeckels plädiert EcoAustria für Maßnahmen, die entlasten, ohne Marktmechanismen auszuschalten:
Sozial treffsichere Zuschüsse: Direkte Zahlungen an einkommensschwache Haushalte schaffen denselben Entlastungseffekt wie ein Deckel – jedoch ohne Verzerrung der Preissignale und mit höherer Treffsicherheit.
„Sozialtarif Plus“: Eine Weiterentwicklung des bestehenden Sozialtarifs, die Familien mit geringer Kaufkraft stärker einbindet.
Stromkostenbremse: Weniger schädlich als ein genereller Preisdeckel – jedoch mit Einschränkungen
Die Wiedereinführung der Stromkostenbremse kann grundsätzlich eine Option sein, bleibt jedoch nur begrenzt sinnvoll. Viele der strukturellen Probleme eines allgemeinen Preisdeckels – etwa verzerrte Preissignale oder hohe fiskalische Belastungen – treten auch hier auf. Dennoch wirkt die Stromkostenbremse weniger verzerrend, da sie ausschließlich einen definierten Grundverbrauch subventioniert und damit eine gewisse Lenkungswirkung erhält.
Trotzdem bleibt das Instrument ein Kompromiss: weniger invasiv als ein flächendeckender Preisdeckel, aber weiterhin mit Eingriffen in Marktmechanismen verbunden. Entscheidend wäre, frühere Konstruktionsfehler zu vermeiden – etwa durch eine dynamische Anpassung des Deckels an die Großhandelspreise, um strategisches Verhalten von Energieversorgern zu verhindern, oder durch die Festlegung eines fixen Zuschusses statt der Deckelung des Endkundenpreises, um Wettbewerbselemente zu bewahren.
Zusammengefasst
Ein Preisdeckel für Haushalte klingt auf den ersten Blick nach einer raschen Lösung – tatsächlich droht er aber, Versorgungssicherheit, Marktstabilität und Wettbewerb unter den Energieanbietern zu schwächen. EcoAustria empfiehlt daher, strukturelle Verbesserungen im Energiemarkt zu priorisieren und auf gezielte, effiziente Unterstützungsinstrumente zu setzen.
Die Kurzanalyse befindet sich unten zum Download.